Die Biographie meines Körpers

2004
Cultural Center Brotfabrik, Bonn, Deutschland

Im Rahmen des Stückes Dar a Luz, Findlinge mit der Firma Kultopia, Regisseur Holger Ziebler, Dortmund Produktion / Choreografie, Uta Püttmann, Bonn

Orte
Brotfabrik Kulturzentrum, Bonn, 2003.
Theaterzwang Festival, Depot, Dortmund, Deutschland, 2004.

Dar a Luz, Findlinge ist eine Tanztheater-Arbeit mit Live-Musik, die sich mit den Konflikten zwischen Mann und Frau befasst: Nähe, Gewalt, Distanz, Leidenschaft, Rivalität, Liebe.

Bei meinen Performances hatte ich künstlerisch völlig freie Hand - der Regisseur und die Kompanie wussten nicht, was ich tun werde. Sie vertrauten blind auf meine Fähigkeiten. Ich hielt mich an das Thema der Arbeit, das zufällig auch mein persönliches, emotionales Thema zu dieser Zeit war: patriarchalische Gewalt.

Die Biografie meines Körpers ist eine Serie, von 6 Performances, deren Grundthema die Gewalt gegen Frauen in ihren vielen Ausformungen ist und insbesondere die Aggressionen die ich selbst (und neben mir auch viele andere Frauen durch alle Zeiten hindurch) erlebt habe. Diese Performances bilden eine Biografie der Aggression, die auf meinem eigenen Körper aufgezeichnet wurde.


Das Kleid des alltäglichen Lebens

Brotfabrik, Bonn, Deutschland, 2003
Diese Performance besteht aus einem riesigen Kleid das ich selbst aus Zeitungspapier anfertigte und nun trage. Das Kleid bedeckt den gesamten Eingangsbereich des zentralen Saals des Kulturzentrums Brotfabrik, so dass das Publikum über das Kleid laufen muss. Während der Aufführung zerstöre ich das Kleid.

Die Nadeln
Brotfabrik, Bonn, Deutschland, 2003
Eine Ärztin setzt mir große Nadeln in den Kopf. Dann exponiere ich mich im Eingangsbereich des Theaters in einer vertikalen Holzkiste. Vor mir steht die Gipsbüsten einer Frau (eine Art Alter Ego) auf einem hölzernen Sockel. Ich sehe diese Figur lange an. Dann ziehe ich mich aus und stehe so da, bekleidet mit einer Männerunterhose, die ich mit Stacheldraht auf Höhe des Unterleibs umwickele. Der Geist spaltet sich während brutaler Ereignisse.

Plastik
Brotfabrik, Bonn, Deutschland, 2003
In dieser Performance umwickelt ein Schauspieler der Kompanie meinen gesamten Körper bis zum Hals mit Plastik, nur mein Kopf bleibt frei. Dann hängt er mich auf, an einer Schnur die an meinen Füßen festgebunden ist, so dass mein Kopf knapp über dem Boden hängt und ich hilflos bin - gnadenlos jeglicher Aggression ausgeliefert.

Kasteieung
Depot, Dortmund, Deutschland, 2004
Diese Performance besteht aus einer mit Zeitungspapieren bedeckten Fläche, in deren Mitte sich ein großer kubischer Behälter befindet, der ebenfalls mit Zeitungspapier bedeckt ist. Ich zerreiße die Zeitungen und steige in den Behälter, der mit Wasser gefüllt ist. Ich benässe mich, ziehe meine Bluse aus und schlage mir damit beständig auf den Rücken.

Dies ist ein Anspielung auf die christliche Praxis der Selbstgeißelung - das Darbringen eines körperlichen Opfers mit dem Ziel sich der Passion Christi anzuschließen, was als Tugend angesehen wird.
Je mehr ein Mensch leidet, desto heiliger wird er. Dieser Glaube ist im kollektiven Unbewussten und im täglichen Leben fest verankert. Diese Ideologie, war in meiner Erziehung sehr präsent: ich sollte eine anständige Frau werden, aufopferungsvoll, rein, gehorsam, unterwürfig usw. Es handelt sich letztendlich um ein repressives Prinzip, das die Vormachtstellung der Männern gegenüber den Frauen untermauert. Im Laufe der Geschichte hat die Kirche beharrlich das Patriarchat gefördert.

Die Hemden
Depot, Dortmund, Deutschland, 2004
Ich sammelte Dutzende von Herrenhemden. Ich realisiere eine Installation mit Zeitungen. Auf sie lege ich die Hemden in einer bestimmten Ordnung. Dann schlage ich mit einem in schwarze Tinte getauchten Tuch auf die Hemden ein. Ich zerstöre die Installation gewaltsam in der Geisteshaltung mich gegen die autoritäre Systeme aufzulehnen die uns kontrollieren und tief in uns verankert sind.

Die Misshandlung
Depot, Dortmund, Deutschland, 2004
Ich lasse mich von einem Schauspieler der Kompanie misshandeln, stoßen, schlagen, herumzerren, begrapschen. Ich spiele damit auf die Gewalt gegen Frauen an, die ich am eigenen Leib erfahren habe. Eine Retraumatisierung.

Fotodokumentation: Christa Schwenz
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